Wine-Times - das unabhängige Online-Weinmagazin
Helmut KNALL12.06.2015

Toni. Total am Sand.

Manchmal ist es schwierig, die Generationen auseinander zu halten.

Es gibt so Winzer, die ich irgendwie mag. Als Mensch. Ja ich weiss. Das wird einem als Wein-Schreiberling dann immer gleich als Befangenheit ausgelegt. Tja. Was ganz Neues. Wir Schreiberlinge sind auch nur Menschen. Und ja, ich gebe es zu, manchmal bin ich befangen. Na und?

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Der Wein-Tenor als Dirigent.

Sei es die hübsche Tochter eines Winzers, die mir ein Lächeln schenkt, der Schweinsbraten der Grossmutter, der aus der Küche herüber duftet – oder auch nur die Sonne, die da grad ihr wärmstes Lächeln zur Erde sendet. Sei es die "zwischenmenschliche Chemie" - Ja, logisch, das alles beeinflusst mich.

Mit dem Vater oder Sohn lässt es sich trefflich diskutieren. Über Traktor-Stunden, Bio oder Glyphosat. Welch Erbsenzähler ist davor gefeit? Die Chemie zwischen Menschen kann Erbslöh oder Monsanto nicht wegspritzen.

Ehrlich, jetzt. Habt ihr euch noch nie was mit nach Hause genommen, das euch im Urlaub so mörderisch gut geschmeckt hat - und daheim fiel es euch schwer, das den Freunden schmackhaft zu machen. Eben.

Deshalb lasse ich mir auch immer, Weine die mir am Weingut schmecken, in die Redaktion schicken. Dort verkoste ich sie nochmals. Verdeckt. Nur, um sicher zu gehen...

Und diese, mir sympathischen Wein-Menschen, schicken mir dann manchmal Weine, wo ich dann da sitze und nicht weiss, was ich tun soll. Denn die grosse Diplomatie war noch nie meins. Kollegen würden sich dann in Worthülsen ergehen und irgendwas schreiben, nur damit sie die Pflicht erfüllen. Schlimmstenfalls schreiben sie dann sowas wie: „interessant“. Ich könnte das schon auch, aber will nicht. Ehrlich. Also schreibe ich dann lieber nichts. Was allerdings den Winzer auch nicht weiterbringt. Ihn vielleicht sogar böse macht, weil er mir ja was geschickt hat und ich nichts tu.

In dem Fall sind es gleich mindestens zwei. Toni Zöhrer Doppelpack. Quasi.

 

Vater und Sohn.

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Mächtige Löss-Rücken sind die Basis. Im Volksmund hiess der helle Löss schlicht - Sand.

Weil die Zöhrers ihre Erstgeborenen Buben traditionellerweise halt immer Anton taufen und daraus dann immer der Toni wird, gibt es dann manchmal mehrere Tonis, da am Hof, in der Sandgrube. Seit 37 Generationen. Ja echt. Und wenn ich schreibe mindestens zwei, dann deswegen, weil es inzwischen wieder einen Toni gibt. Der ist zwar noch winzig, holt aber den mittleren Toni schon um sechs lautstark aus dem Bett. Und ich denke mal, den werde ich auch mögen.

Die Wurzeln der Zöhrer-Familie reichen bis ins 13. Jahrhundert. Wer mehr wissen will, lese auf der Homepage weiter. Toni-Opa schaffte es die Hausnummer 1, in der aus Radio- und Fernsehwerbung bekannten Sandgrube, zu bekommen. Und weil das so schön war, nannte er auch gleich seinen Wein aus dieser riesigen Sand-Löss-Lage so...

 

Sand 1.

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Der Wein, der heisst, wie er ist. Gigant.

Das war vor ziemlich genau 35 Jahren. Das feiern die Tonis jetzt natürlich. Mit einem Sixpack. Denn einen solchen werde er wohl nie mehr per Training an seinem Körper schaffen, meint der jüngere Toni, also der, der gerade zum Toni-Papa wurde – und der nicht ob seiner Gesangskünste, sondern des Waschbärbauches wegen - auch als Wein-Tenor bezeichnet wird. Die Oper ist nicht wirklich seins, obwohl sein ehemaliger Lehr-Meister Franz Xaver P. aus Loiben ihn doch tatsächlich zu Donizetti in die Oper nach Wien mitnahm.

Nun, dieser Toni-Papa, also Toni der Mittlere, schickte mir immer wieder stolz seine Weine. Die meisten waren so tenoresk, wie er. Sagen wir mal einfach, schlank waren die nicht. 14 Umdrehungen waren da meistens drin. Auch kein Wunder, denn er nervte seine Lesehelfer immer bis zum allerletzten möglichen Tag, um ja die volle Power in den Trauben zu haben. Hat er ja in der Wachau gelernt. Sand und Löss ist aber halt nochmal – nennen wir es - verstärkend. Und so dachte ich mir bei so manchen Jahrgang, mir ist das einfach von allem zu viel. Nein, schlecht war das nie. Hatte auch keine Fehler. Aber wenn was schon Gigant heisst...

 

Heuer weiss ich was ich schreiben muss. Ein Riesen-Lob.

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Einer der besten und höchstgelegenen Weingärten rund um Krems.

Langer Einleitung kurzer Sinn.

Und – das schreib ich wirklich gern. Denn wegen des 35-Jahr-Jubiläums der Hausnummer – und des dazugehörigen Wein-Sixpacks – bekam ich diese Serie erstmals zu verkosten. Bisher bekam ich nämlich immer nur die Lagenweine, Urknalls und Giganten.

Sand 1 ist eine wunderbar trinkige Serie.

Vom „Original Kremser Gemischten Satz“ über Rosé, Riesling, Grüner Veltliner, einem wirklich spannenden Blanc de Noirs, haben alle gerade einmal 12% Alkohol - bis hin zum Zweigelt, der 12,5% auf die Flasche bringt. Und ganz ehrlich – nicht nur mich haben die Weine sofort dazu gebracht, den Spucknapf jungfräulich zu belassen. So viel Trinkvergnügen. Selbst beim Rosé. Hammer. Da bin ich gern am Sand.

Und das aus dem wirklich schwierigen Jahrgang 2014.

Toni der Mittlere entschied nämlich, heuer nicht bis zum allerletzten Moment zu warten, denn knapp 40% weniger Menge lassen selbst abgebrühteste und mit Ländereien gesegnete Wein-Bauern (ja ich verwende das bewusst, denn Winzer ist eigentlich ganz was anderes) an betriebswirtschaftliche Dingenser denken. Denn, das weiss man auch in der Sandgrube. Bekanntheit und Image ist vielleicht noch Umsatz. Aber noch lange nicht Gewinn. Und Toni der 38ste trinkt noch keinen Wein, der ist noch bei Milch. Und die muss Papa oder Opa Toni kaufen. Ja eh. Bla Bla. Geneigter Leser, ich will ja nur, dass du verstehst, dass auch Weinbauern Geld ausgeben müssen, um leben zu können. So wie du. Und der Schreiberling. Okay, back to wine.

Deswegen gibt es heuer eben dieses Six-Pack namens Sand 1.

Denn der Sommer kommt. Ist schon da. Und ehrlich. Dann gehen uns doch diese Weine, die wir im Winter vorm Kamin (jaja, bildlich...) so schätzen, weil sie dick und fett sind, mit ordentlich Alkohol, ja, die gehen uns dann im Juni, Juli eigentlich total am Keks, wie wir Wiener so sagen.

Daher dieser Tipp. Kauft euch um geradezu lächerliches Geld, so ein Six-Pack vom Sand 1. Und ihr werdet Trinkvergnügen haben. Ja, ihr werdet ein richtiges Problem haben. Weil die Flaschen leer sind, wo ihr normalerweise beim ersten Glas noch herumnuckelt. Und ja, ich bekenne mich dazu. Ich will, neben all den Granaten aus aller Welt, zwischendurch Weine einfach trinken.

Und wenn es dann solche Weine gibt, die trotz ihrer Leichtigkeit auch noch eine tolle Qualität ins Glas bringen, dann freue ich mich. Und empfehle sie weiter.

Mehr können Sie für einen lustigen Abend nicht tun.
Guten Abend.

Kurze Verkostungsnotizen.

Sand 1
Gemischter Satz 2014
Duftig, zart floral, saftig, weisse und gelbe Fruchtaromen, zart schmelzig, mittlerer Körper, recht lebendig, süffig, macht Spass.

Sand 1
Blanc de Noir St.Laurent und Pinot Noir als gemischter Satz.
Duftig, zart rotbeerig, weisse Ribisln, am Gaumen saftig und fast cremig, mit feiner animierender Säure, recht lang, im Finish zart würzig.

Sand 1
Riesling 2014
3-4 Std. Maischestandzeit gekühlt mit altem Molkereitank Seihmost auf Ca. 3 Grad und über die restliche Maische verteilt.
Duftig, zitronig, etwas grüner Apfel, am Gaumen wieder saftige zitronige Frucht, fast bittere mineralische Noten, knochentrockener Stil, süffig, relativ lang.

Sand 1
Grüner Veltliner (erster Lesedurchgang aus allen 26 Weingärten in der Sandgrube) 10-12 Std. Maischestandzeit, ein Fass spontan angesetzt und ein Teil mit Malo.
Klassisch kräuterwürziger Veltlinerduft, am Gaumen saftige gelbe Frucht, zart schmelzig, vollmundig, gut balanciert, wieder recht würzig, gute Länge.

Sand 1
Rose aus ZW/CS/ME auch als gemischter Satz produziert.
Zurückhaltend im Duft nach roten Beeren und einem Hauch Kräuterwürze. Am Gaumen sehr saftig, knochentrocken, etwas mineralische Würze, bisserl stahlig, sehr gut.

Sand 1
Zweigelt 2013 12,5%
Feine Kirschen und ein rotbeeriges Körberl, saftig, zart schmelzig, mittelkräftig aber voll und rund, sehr fruchtbetont, süffig. Eher einfach gestrickt.

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