Wine-Times - das unabhängige Online-Weinmagazin
Helmut KNALL28.04.2013

Was macht denn der Falstaff beim Hofer?

Die ehrliche Antwort: Unsinn.

Es gibt sowas, wo alle möglichen Wein-Blogger an einem einzigen Tag zu ein und demselben Thema einen Artikel schreiben, Das nennt sich #Wein-Rallye. Und weil das heutige Thema so gut gepasst hat, gibt es heute auch einen Artikel von mir. Wein unter 5,- Euro ist das Thema.

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Ein kleiner Wein-Querschnitt aus dem Discounter.

Ich bin ja dafür bekannt, leidenschaftlich über die minderen Qualitäten bei essen & trinken in deutschen Supermärkten zu motzen. Und zu behaupten, es sei in Österreich viel besser. Nun ja, aber bei uns kostet das meiste auch deutlich mehr, als in deutschen Landen. Speziell der Wein. In unseren Billa, Merkur oder Spar-Filialen gibt es jede Menge Weine um mehr als 5,- Euro pro 0,75 l Flasche, ja die meisten liegen sogar eher zwischen 7 und 10,- Euro, einige sogar darüber. Das sieht man in Deutschland eher selten.

In letzter Zeit wurde aber in meinem Nachbarland-Bekanntenkreis immer öfter über Weine unter 5,- Euro diskutiert. Vielleicht, weil sich darunter auch die Herausgeberin des deutschen Supermarkt-Wein-Test-Buches „Super Schoppen Shopper“ Cordula Eich und der in allen Bereichen des Weines wildernde Dirk Würtz befinden. Aber auch in diversen Foren und Social-Media-Netzen war das Thema irgendwie ein Dauerbrenner.

Für einen Österreicher immer ein bisserl schwer zu verstehen, da bei uns halt meistens zuerst gekostet wird und erst dann, wenn es schmeckt, auch auf den Preis geschaut wird. Und - weil es erstens sehr viele Menschen gibt, die wenn es schmeckt, auch mehr für ihre Flasche zu bezahlen bereit sind, sowie zweitens, bei jedem Winzer auch Basisweine um rund 5,- Euro zu haben sind. Also ist das hier nie sooo ein Thema gewesen.

Was aber auch hierzulande ein Thema ist, sind Rankings und Punkte. Allen voran natürlich der „Platzhirsch“ Falstaff, einfach schon, weil am längsten am Markt und immer präsent geblieben. Unter neuem Besitzer auch auf der Suche nach neuen Einkommensquellen, hat man den Discounter „Hofer“, die österreichische Version von Aldi entdeckt.

Aldi hat auf den In-Fight zwischen der Rewe-Gruppe und Spar, wer denn das bessere Wein-Regal habe, als lachender Dritter reagiert und mit immer wieder überraschenden Top-Angeboten die Leute in die Filialen gelockt (siehe auch unseren Artikel "Der veränderte Weinkunde" - Link im Kasten rechts) und gleichzeitig das Standard-Programm mit Hilfe von Falstaff in einer eigenen kleinen Wein-Fibel und im Internet präsentiert. Die meisten Weine auch mit Falstaff-Punkte-Wertung ausgestattet, selbst die um 2,99 oder drunter.

Und zwar mit Punkten um die 88-90 Punkte, fast durchgehend. Dem ging ich heute mal auf den Grund. Da ich ja aus vielen Jahren meine Kollegen kenne und weiss, wie sie kosten und werten, kann ich auch nachvollziehen, wie ernst zu nehmen diese Punkte sind.

Und gleich vorweg. Das ist ein Witz. Das kann man wirklich nur durch ordentliche Inseraten-Einnahmen erklären. Oder eine eigene Skala für Supermarkt-Weine. Wenn das aber die selbe Skala ist, die sonst im Falstaff angewandt wird, dann ist es eigentlich ein Affront gegenüber allen anständigen Winzern, Weinbauern und Önologen.

 

Der 3,99 Wein kriegt gleich viel Punkte wie Lafite?

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Viele Weine durchaus höher als 5,- Euro.

Da werden Weine, die nette, einfache Weine sind, mit sagenhaften 90 Punkten bewertet. Also gleich viel, wie so mancher Pannobile, ein grandioser Oxhoft 09 von Birgit Braunstein, ein Creitzer Reserve 2009 von Gesellmann oder Merlot Unplugged 2010 von Hannes Reeh.

Noch absurder wird das Ganze, wenn man die internationalen Noten vergleicht und dann bei einem ganz wunderbaren La Tour Figeac 2005, einem Lafite Rothschild 1999 oder Barolo Cannubi Boschis 2001 von Luciano Sandrone landet.

Sorry, das ist genauso dumm, wie die 90 Parker-Punkte für den Vitiano seinerzeit. Und schon wird in der Branche getuschelt, was denn dafür bezahlt wurde.

Das ist schlicht und einfach Unsinn. Auch wenn mich das jetzt die Freundschaft mehrerer Leute kostet. Sowas geht einfach nicht, das kann man nicht ernst nehmen, weil es unserem ganzen Berufsstand schadet. Das ist echt peinlich.

Da muss ich dem Duo Alexander Jakabb & Konrad Hackl gratulieren, die wenigstens eine eigene Wertung eingeführt haben und damit die Weine in ihrem Buch „weinkaufen im Supermarkt“ wesentlich glaubwürdiger bewerten.

Eines ist jedenfalls klar. Unter 5,- Euro gibt es im Supermarkt nette Saufweine, einfache, saubere Tropfen, die für den Alltag okay sind. Aber wirklich gute Weine gibt es um das Geld dort nicht. Da muss man sich dann schon zum Winzer seines Vertrauens bemühen oder eben ein bisserl was drauf legen und zum guten Fachhandel gehen. Ich sage immer, lieber ein Flascherl weniger, dafür ein besseres.

 

Ein Preis-Leistungs-Hit: Der Prosecco der Genossenschaft.

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Wirklich guter Prosecco um nicht einmal 4,50.

Cantina Produttori Valdobbiadene.
Valdobbiadene Prosecco Superiore DOCG 4,49 Euro
Extra Dry. 11%, Ohne Jahrgangsangabe am Etikett, ein Datumsstempel am Kork verrät das Fülldatum im September 2012. Naturkork mit Agraffe. www.bit.ly/11qtgyJ

Am Rückenetikett wird der Wein folgendermassen beschrieben: "Hellgold in der Farbe mit blumig, fruchtigem Aroma, entwickelt dieser Prosecco einen harmonisch eleganten Geschmack. Er passt hervorragend zu Canapès, Vorspeisen und Fisch."

Ich sehe das so: Sehr hell, fast wässrig, was aber eigentlich auch völlig egal ist, im Duft recht aromatisch, Steinobst, vor allem Marillen und Ringlotten, etwas Apfel und Zitrus, am Gaumen sehr saftige Frucht, klar, straff, mit feiner Perlage, sehr gut balanciertes Süsse-Säure-Verhältnis, wirkt recht trocken, klingt lange nach, ungemein süffig, macht richtig Trinkvergnügen und Lust auf das nächste Glas; das ist eine echte Mezzie um den Preis. 89 Punkte von Falstaff sind aber trotzdem um gute 5 zuviel.

Bei Wine-Times bekommt das 84 Punkte.

 

Ein Massengemisch aus der Grosskellerei mit Spitzen-Punkten. Absurd.

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Drei Weisse aus dem Regal. Zweimal wääh. Einmal Mmhh.

Bei den stillen Weissen, wird die Bewertung endgültig unglaubwürdig. Gut, für den ersten gibt es eh keine, aber dann...

Soave DOC 2012. 1,99 Euro.
Abgefüllt bei S.V.S Scaligera Vini Soave S.a.C. 11,5%. Schraubverschluss. www.bit.ly/182mhRE

„Rund um die malerische mittelalterliche Stadt Soave wird der gleichnamige Weisswein bereitet. Der bukettreiche, trockene Soave wird aus den Garganega-Trauben gewonnen und ist ein hervorragender Essensbegleiter zu allen Vorspeisen, Pasta, Fischgerichten, Weissfleischgerichten und Salat.“

Naja, auch dieser Text hilft dem Gschlader im Glas nicht mehr. In der Nase nach einem überreifen, angeschlagenen Apfel, der schon bräunlich weich geworden ist, am Gaumen auch nach überreifen Äpfeln, leicht faulig, schmeckt wie alter abgestandener Wein, der mit etwas jungem, frischem Wein gepimpt wurde, damit wieder etwas Frische vorgegaukelt wird, rassige Säure im Abgang, die aber den fauligen Ton auch nicht ganz aus dem Mund spülen kann. Keine Spur von Typizität, kein bisschen „bukettreich“ und bitte ja nicht zu irgendeiner Speise servieren, denn die schmeckt dann auch nicht mehr.

Grandioser Dreck. Ab in den Gully. Bewertung: Keine.

Eines der Beispiele, warum Weine aus der Region keiner mehr kaufen mag, viel zu oft wurde unter dem Qualitätsmäntelchen DOC so ein Klumpert verkauft. Eigentlich eine Tragödie, denn hier müssen Winzer zusperren, weil sich Soave (und Bardolino, mit dem dasselbe verbrochen wurde) einfach nicht mehr verkaufen lässt, selbst wenn er qualitativ hochwertig ist.

San Zenone. Bianco delle Venezie IGT. 2,79 Euro.
12,5% Abfüller ist ein mit 913/VR bezeichneter Betrieb. www.bit.ly/ZMY9io

„Frischer, fruchtiger Weisswein aus den südwestlich vom Gardasee gelegenen Hügelweinbergen. Stammt hauptsächlich aus Pinot-, Trebbiano-, Chardonnay- und Welschriesling-Trauben, die zum Teil gedörrt werden, um einen körper-und bukettreichen Wein zu gewinnen. Eignet sich für alle typischen Gerichte der italienischen Küche. Gut gekühlt servieren.“

Wieder so ein toller Text am Rückenetikett. Hier haben wir allerdings auch ein ziemliches Meisterwerk eines Grosskeller-Meisters im Glas. Riecht und schmeckt sauber, ein wenig nach reifem Apfel, gelben Fruchtaromen und zart nach Wiesenkräutern, wirklich recht vollmundig bei allerdings extrem knackiger Säure, das ist mit dieser, durch das Trauben antrocknen erreichten Extraktfülle und –süsse zwar nicht hundertprozentig harmonisch, aber sehr gut hingetrickst und hat sogar gewisse Länge.

Der wichtigste Satz am Rückenetikett ist allerdings: „Gut gekühlt servieren.“ Ich würde sogar sagen: kleschkalt.

Denn sobald dieser Tropfen etwas wärmer wird, fällt er auch ziemlich auseinander und wird langweilig. Geht als eiskalter Tischwein auf einer Osteria-Terrasse mit Blick auf den Gardasee möglicherweise durch. Ohne Gardasee eher nicht. Ich würde das jedenfalls sicher nie wieder kaufen. Falstaff vergibt sagenhafte 88 Punkte. Bei Wine-Times bekäme das gerade mal 78 Punkte.

Rieden Selection Riesling Privat 2011, 4,99 Euro.
Kaiserhofkellerei Krems. 13%. Schraubverschluss. www.bit.ly/11qufyS

„Dieser Typische Riesling duftet nach Pfirsich und Marille, schmeckt trocken-fruchtig und ist lang am Gaumen.“ Qualitätswein mit Prüfnummer.

Dieser Wein riecht tatsächlich etwas nach Steinobst und Zitrusfrüchten, auch etwas nach heissen Felsen, am Gaumen sehr saftig mit extraktsüsser Frucht, recht mollig und rund, aber auch ganz schön herb und würzig bis mineralisch, ein typischer „steinig-straffer“ Riesling, gut balanciert mit Struktur und Länge. Sehr gut um diesen Preis, was wenig wundert, wenn man weiss, dass dahinter eigentlich Fritz Miesbauer und das Weingut Stift Göttweig steckt.

Hier gibt Falstaff auch 88 Punkte – völlig unverständlich, wenn der Bianco vorher die auch bekommt. "weinkaufen im Supermarkt" gibt 2 von 3 Flaschen. Nachvollziehbar. Wine-Times läge hier bei guten 86 Punkten.

 

Zweimal Österreich Rot. Zweimal Promi-Winzer im Hintergrund.

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Österreich Rot unter 5,- Euro.

Flat Lake Limitation Blaufränkisch-Zweigelt. 3,99 Euro.
13%. Rotwein-Cuvée, Qualitätswein mit Prüfnummer. www.bit.ly/14lSi8a

Auf dem Etikett steht hier ausnahmsweise einmal keine schöne Geschichte, man kann allerdings folgendes lesen, wenn man den QR-Code einscannt: „Purpurrot mit violetten Reflexen und fast schwarzem Kern. In der Nase sauber, feine balsamische Würze, Holzwürze, reife Beerenfrucht, Pflaumen. Am Gaumen sauber, saftig, gute Struktur und Länge. Speiseempfehlung: ideal zu gebratenen oder gegrillten Fleischgerichten und zu reifem, würzigem Käse. Serviertemperatur: 16 °C, Lagerfähigkeit bei richtiger Lagerung: max. 4 - 5 Jahre.

Und weiter: Strenge Qualitätskontrolle im Weingarten ist der Grundstein der Flat Lake Weine, die auf warmen Schotterböden gedeihen. Das Zusammenspiel der wichtigsten Rotweinrebsorten bringt wahrhaftig ein Stück Burgenland in Ihr Glas. Die würzige Kraft des Blaufränkisch und die unverwechselbare Frucht des Zweigelt harmonieren zu einem herrlichen Trinkgenuss und verführen Ihre Geruchs- und Geschmackssinne.“ Naja.

Ich sehe den Wein nicht ganz so dunkel, sieht aus, wie eben sehr junger Rotwein aussieht, eher mit bläulichen Schattierungen, was hier mit "balsamischer Würze" gemeint sein soll, entzieht sich überhaupt meiner Kenntnis, genauso wo "das Stück Burgenland" sein soll, das mir hier versprochen wurde.

Das ist ein ziemlich einfacher, aber sauber gemachter Rotwein ohne jegliche Sorten- oder Herkunfts-Typizität, das könnte von überall in der Welt kommen. Perfekt modern vinifiziert mit dunkler Frucht, an Kirschen erinnerndem Säurebogen und zart samtigem Tanningerüst, im Finale dann eher kurz. Mit ein paar Radeln Salami geht auch ein zweites Glas locker runter. Manche Kollegen bezeichnen sowas als Pizzawein. Ich persönlich trinke auch zur Pizza lieber was Besseres, aber ich esse vermutlich auch eine andere Pizza ;-)

Hinter dem Projekt Flat Lake steckt Leo Hillinger und sein Team und daher kann man all diese Weine auch seelenruhig kaufen, denn der Leo weiss schon, was er tut, allerdings empfehle ich, die ein, zwei Euro drauf zu legen und die etwas besseren Rotweine dieser Serie zu kaufen, die machen deutlich mehr Spass.

Falstaff scort wieder in die Höhe mit satten 88 Punkten, hier kann ich auch „weinkaufen im Supermarkt“ nicht nachvollziehen, die hier 2 von 3 Flaschen vergeben und „Sehr guter Wein mit Sortencharakteristik“ dazu schreiben. Aber ich denke mal, die hatten da einen Vorgänger-Jahrgang und ich schon 2012. Wine-Times Punkte: 84

Auf den letzten Wein war ich ganz besonders gespannt. Weil ich den Hans Schwarz, unseren „Butcher“, persönlich so gern mag und die meisten seiner Weine bisher immer recht spannend fand.

Also hier steht einmal nur „Back to Red“, 2011,
12,5%, Blaufränkisch, Burgenland. In Zusammenarbeit mit Hans Schwarz drauf. Es ist natürlich ein Qualitätswein mit Prüfnummer. Kostet 4,99 Euro.

Wenn man den QR-Code scannt, kommt man wieder auf die Hofer-Wein-Homepage und darf dann lesen: „Purpurrot mit violetten Reflexen. In der Nase sauber, saftig, frisch, feine Beerenfrucht, milde Gewürze. Am Gaumen sauber, saftig, gute Balance und gute mittlere Länge, feine Säure. Speiseempfehlung: ideal zu feinen Gerichten von Rind und Lamm sowie zur Jause. Serviertemperatur: 16 - 18 °C. Lagerfähigkeit bei richtiger Lagerung: max. 2 - 3 Jahre.“

Dazu gibt’s dann noch eine recht lange Beschreibung, wo der Wein herkommt und einen Rezept-Tip für ein Steak vom Schweinsfilet.

Und das ist tatsächlich ein recht typischer, zwar eher einfacher Blaufränkisch, der aber richtig süffig ist. Auch die Beschreibung kann ich hier nachvollziehen, sehr saftig, typisch nach Brombeeren und ein wenig nach Kirschen, gute Balance, durchaus knackige Säure, die animierend und Appetit anregend ist, mittlerer bis kräftiger Körper mit feiner Struktur und mittlerer Länge. Ich denke sogar, dass der auch in fünf Jahren noch gut schmeckt. Das ist recht typisch Burgenland im Glas.

Aber nie und nimmer 90 Punkte, liebe Falstaff-Leute. Wine-Times gibt 86.

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