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Helmut KNALL09.12.2012

Profis im Nebenerwerb.

Quereinsteiger sind das Salz in der Suppe. Betriebsblindheit ist ihnen fremd und Leidenschaft ist ihr Antrieb. Hätten sie den nicht, wären es eher Quer-Aussteiger als Quer-Einsteiger.

Christin Jordan und Lars Dalgaard sind Quereinsteiger. Beide wurden über ihre Liebe zum Weintrinken angefixt und bezeichnen sich als “Wochenendwinzer” – oder euphemistischer ausgedrückt: “Profis im Nebenerwerb”. Das liest sich deutlich besser als Hobbywinzer.

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Christin Jordan am Werk.

Ihre festen Brötchen verdienen sie nicht mit ihren Weinen – sie stehen außerhalb der Weinbranche in Lohn und Brot.

Jordan, die Journalistin mit norddeutschen Wurzeln und Dalgaard, der Unternehmensberater aus Dänemark, haben beide nicht den Druck, von ihren Weinen leben zu müssen. Diese komfortable Situation lässt sie genau die Art Weine machen, die sie selbst gern trinken, ohne sich dem Massengeschmäckle anbiedern zu müssen.

Das Weingut “Jordan & Dalgaard” ist in einem jungfräulichen Zustand: Gründung in Eltville im Rheingau mit dem Ziel, kleine Mengen handgelesener und puristischer Weine zu keltern – ohne Anreicherung, ohne Kellertuning. Straighte Sachen, ohne Schminke und plakativer Restsüße.

Die kleine Zentrale des Weinguts befindet sich im Rheingau, während ein Teil der Lagen im südlichen Mittelrhein liegt. Hier, im stolzen Teil des UNESCO-Weltkulturerbes, liegt der Oberdiebacher Fürstenberg in einem Seitental. Eine Paradelage und ewiger Geheimtipp hinter vorgehaltener Hand unter Mittelrheinkennern.

 

Geheimtipp Fürstenberg.

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Traumlage Fürstenberg.

Durch den gesamten Fürstenberg zieht sich feinster Hunsrückschiefer mit dünner Auflage. Schiefer und Riesling, diese legendäre wie unnachahmliche Erfolgskombination, prägen diese oft filigranen Weine. “Dalgaard & Jordan”besitzen hier zwei Filetstücken mit gesamt 0,4 Hektar mit Blick zu Väterchen Rhein. Sie sind zu 100% mit Riesling bepflanzt.

Der Besitz teilt sich hier in zwei Parzellen auf: eine unten im Fürstenberg, zum Bach hin. Aus diesem Weinberg kommen in der Regel die edelsüßen Weine. Im Gegensatz dazu die obere Parzelle: sie besteht aus langen Reihen und einem Mittelstück mit ca. 600 Stöcken in alter Einzelstockerziehung. Sie ergeben einen kleinen, aber extrem konzentrierten Ertrag.

 

Vom fertigen Wein im Glas zurück zum Ursprung denken.

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Christin Jordan und Lars Dalgaard, man sieht, dass sie das gern machen.

Auch das bekannte Weingut Weingart aus den 50 km nördlicher gelegenen Spay hatte sich am Oberdiebacher Fürstenberg jahrelang versucht und einige Hektar dort gepachtet. Doch der Pachtvertrag lief aus, Weingart verlängerte nicht, weil er neue Weinberge direkt vor seiner Haustür hinzuerwerben konnte.

Obwohl die Zentrale von “Dalgaard & Jordan” im Rheingau liegt, blieb Lars Dalgaard dem Oberdiebacher Fürstenberg am Mittelrhein weiterhin treu. Warum auch sollte er sich von den uralten Riesling-Rebstöcken trennen, die 1954 gepflanzt wurden? Sie bringen jetzt – aufgrund ihrer Alters – die so oft gewünscht Ertragsreduzierung mit sich.

Früher, da hatte Lars Dalgaard zusammen mit seiner damaligen Frau doppelt so viel Fläche am Fürstenberg im Anbau, dessen Weine unter dem Namen “Villa Riesling” verkauft wurden. Kenner der Materie dürften sich an diesen Namen erinnern, als er in den Nullerjahren durch diverse Weinforen geisterte. Doch “Villa Riesling” wurde mittlerweile aufgelöst, Die Ex verkaufte ihren Anteil von 0,4 Hektar – Lars Dalgaard behielt seine Hälfte und integrierte sie in das neue Projekt “Dalgaard & Jordan”.

Seit über zehn Jahren praktiziert Dalgaard das Rieslingmachen im Nebenerwerb. Hilfreich war seine Freundschaft zu Peter Jost vom renommierten mittelrheinischen Weingut Toni Jost. Hier konnte sich Dalgaard viele praktische Dinge abschauen, sehen wie man es macht. Dalgaard gesteht, zu Anfang so manchen Fehler bei der Vinifikation gemacht zu haben. Peter Jost stand ihm in solchen Notfällen mit Rat (doch ohne Tat) behilflich zur Seite. So lernte Dalgaard das Weinmachen, step-by-step.

Der Däne hat nie die FH in Geisenheim oder vergleichbare Lehrstühle von innen gesehen. Höchstens mal hier und da einige Kurse besucht, was ihm reichen sollte. Da die Partnerin Christine Jordan und er erfahrene Weintrinker sind und wissen wie ihr Wein schmecken soll, zogen sie ihre Art zu vinifizieren von hinten auf: Vom fertigen Wein im Glas zurück zum Ursprung denken. Was sind die einzelnen Schritte, um den Wein wieder in eine Traube zu verwandeln? Instinktiv hat sich Lars Dalgaard nach diesem Denkmuster das Vinifizieren selbst beigebracht.

 

Spannende Suche nach Filet-Stückchen.

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Auf eine Familientradition im Weinbau kann er als Däne freilich nicht zurückblicken, obwohl – dem Klimawandel sei Dank – Dänemark seit einigen Jahren eine kleine Winzergemeinschaft vorzuweisen hat. Weine von dort sind zwar völlig überteuert – doch gut möglich, dass dänische Winzer in zukünftigen Jahrzehnten die Gewinner sein werden, wenn Mosel und Rheingau aussehen werden wie südspanische Steppengebiete. Sie lachen, wenn Sie das lesen? Warten wir es ab!

Zurück in den Rheingau. Das junge Weingut “Dalgaard & Jordan” begann hier im Jahr 2011 ohne jedwede Infrastruktur, lediglich die Lagen am Mittelrhein brachte Lars Dalgaard mit ein. Bei einem Winzerfreund im Rheingau durften sie den Keller solange mitbenutzen, bis eine geeignete Unterkunft gefunden wurde. Dazu besorgten sie sich von der Lage Berg Bildstock in Walluf Trauben im Zukauf – übrigens das letzte Jahr im Ertrag, denn die Lage wurde mittlerweile gerodet. Dalgaard & Jordan haben quasi Sterbebegleitung betrieben.

Als Ersatz für den Berg Bildstockhaben Dalgaard & Jordan einen anderen Weinberg im Visier: den Rüdesheimer Madalenenkreuz. Lars Dalgaard gerät ins Schwärmen, wenn er von dem 0,2 Hektar großen Teilstück erzählt, die sie gerade in Pacht haben. “Eine wundervolle Lage, die Gärten sind sehr gepflegt. Die Reben wurden um 1965 angepflanzt. Sie sind jetzt im richtigen Alter.” sagt Dalgaard. Das Magdalenenkreuz wird ab 2012 bewirtschaftet.

Man darf noch einiges von Lars Dalgaard und Christin Jordan erwarten, so viel ist sicher. Ihr kleines Weingut ist jung, im Aufbau und gleichzeitig im stetigen Umbruch begriffen. Es ist geplant, noch einige Filetstücken an alten Lagen zu pachten. Welche das sein werden, darüber schweigen sich die beiden aus. Das macht sie unberechenbar. Es bleibt spannend.

Fotos: Dalgaard & Jordan

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