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Helmut KNALL16.10.2012

China – no jetlag for Mr. Gago.

Michael W. Pleitgen traf Chief-Winemaker Peter Gago von Penfolds.

Der Mann ist ständig auf Achse, trotzdem findet er immer wieder Zeit, sich ausführlich seinen Weinen zu widmen. Wie ist das, wenn man für den Flagship-Wein eines ganzen Kontinents verantwortlich ist? „Ich habe ein gutes Team, auf das ich mich verlassen kann“ sagt Peter Gago

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Peter Gago liebt und lebt seinen Job. Eine Präsentation von ihm ist immer ein Erlebnis.

Wie schafft er es, Jahr für Jahr nicht nur Top-Weine wie den Grange, den Yattarna oder die Top-Bins hinzubekommen, sondern auch in der Breite unter dem Namen Penfolds Qualität anzubieten? „Das ist Teamwork, es beginnt im Weinberg und endet beim Marketing und beim Verkaufen“. Für Peter Gago ist es wichtig, dass alle Beteiligten eine Vorstellung von dem Endprodukt haben und den Willen, zusammenzuarbeiten. Das ist etwas, was die Australier von vielen hierzulande unterscheidet.

Bei meinem letzten Besuch in Australien wusste die junge Dame, die für die 600 Hektar des Kalimna Vinyards im Barossa Valley verantwortlich war, genau, wann sie welche Trauben in welcher Qualität abzuliefern hatte.

Nicht über Weine reden geht nicht.

Ich wollte mit Peter Gago eigentlich nicht über seine Weine sprechen, sondern mehr über das Penfolds-Marketing, dessen Gesicht Gago ohne Zweifel ist – auch wenn er selbst mit dem Titel eines Markenbotschafters nicht ganz einverstanden ist, mit dem ich ihn gleich zu Anfang anspreche. Er möchte lieber als der Winemaker gesehen werden. Andererseits steht er dazu: wenn Penfolds die australische Weinmaker Marke sein soll – mit Tradition seit 1844 – dann braucht sie ein Gesicht und einen Menschen zum Anfassen.

Penfolds steht für gelebte Wein-Kultur.

„Wir wollen kein brand – keine Marke Penfolds sein. We like to call it Penfolds culture” sagt er. Penfolds ist gelebte australische Wein-Kultur – nach Gago ist da nichts gehypt oder künstlich gepuscht. „Zu unserer recork-clinic kommen mittlerweile in Adelaide; Melbourne oder Sydney die moms and dads – Eltern mit ihren Kindern oder Großeltern mit ihren Enkeln um ihre Weine checken zu lassen. Die werden über Generationen vererbt wie Schmuck oder wertvolle Uhren. Mit Geld kann man solche Verbundenheit nicht kaufen – money can’t buy loyality.“

 

Spin can’t buy culture.

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Einfach ein grossartiger, eigenständiger Chardonnay.

Und gleich noch ein Gago-Satz zur Penfolds Marketing-Kultur „spin can’t buy culture“ – Kultur lässt sich nicht inszenieren – da muss schon alles echt sein. Deshalb rät Gago auch jungen winemakern zur Ehrlichkeit, wenn sie öffentlich auftreten müssen. „Alles so sagen, wie es ist – die Leute wissen das dann schon zu bewerten. Außerdem braucht man sich dann nicht zu erinnern, wem man was warum und wie gesagt hat“ meint er.

Klimaveränderung.

Gago kommt natürlich immer wieder auf seine Weine zurück. Jahrgänge und Weine nimmt er als Beispiele um seine Thesen zu illustrieren.

Thema Klimaveränderung: klar hat sich etwas verändert – die Wetter-Ausschläge sind extremer geworden und machen es für die Winzer schwieriger. 2001 war der wärmste und trockenste Sommer seit Menschengedenken – selbst im McLaren Vale war es richtig heiss – danach kam dann 2002, das war einer der kältesten Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Australien.

Wasser werde in Australien immer knapp sein, Trockenperioden habe es immer wieder gegeben und werde es immer geben. Penfolds habe in den Top-Weinen durch sein multi-district-Konzept – die Trauben kommen aus verschiedenen Regionen – auch in extremen Jahren die Möglichkeit auszuweichen: so habe der 2008er Bin 144 Yattarna 89% Chardonnay aus dem kühlen Tasmanien im Blend. Insgesamt mache er sich keine Sorgen um die Zukunft des Weins in Australien – das Land biete so viele Möglichkeiten.

 

Jahrgänge werden wichtiger.

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Da wären viele gerne dabei, wenn Peter eine Grange-Vertikale "mitbringt".

Mit der Klima-Veränderung sei der Jahrgang wichtiger geworden – siehe oben. Das habe auch Auswirkungen auf den Grange – in Jahren, die vom Vegetationsverlauf nicht ganz so ideal wären, gebe es weniger Top-Weine. Er finde dann nicht genug Trauben, die den Anforderungen für den Grange entsprächen. In guten Jahren könne man mehr Grange machen. Die Philosophie sei, eben nicht Jahr für eine bestimmte Anzahl Flaschen zu produzieren – sondern man sei immer auf eine besondere Qualität aus.

Schraubverschlüsse für Top-Weine?

Facebook Freunde hatten mich gebeten, nach Schraubverschlüssen für die Top-Weine zu fragen. Gago sagt, man probiere grundsätzlich alles aus. Grange mit Schraubverschluss ist kein Thema. (Anmerkung von Helmut Knall: Es gibt ihn allerdings für bestimmte Kunden, die meisten bestellen aber Naturkork) Die sauberste Lösung sei ein Glasverschluss – aber nicht der mit dem Silicon-Ring, wie wir ihn in Deutschland kennen, sondern Glas auf Glas. Korken seien sehr viel zuverlässiger geworden – Korkschmecker lägen aktuell unter einem Prozent.

Re-cork-clinic mehr als ein running gag.

Haben sich die Umkork-Aktionen nicht bald einmal totgelaufen? Ganz im Gegenteil, sagt Gago. Seit 21 Jahren mache man das jetzt und es kämen immer mehr Weine. Bei der letzten Aktion habe er mit 8 Weinmakern aus seinem Team allein in Australien 110-tausend Flaschen begutachtet und neu verkorkt oder verkapselt. Im Internet kursieren Videos, die Gago bei der Arbeit zeigen und weinende Männer, deren Wein nicht mehr in Ordnung war. „Das ist in erster Linie ein Service für unsere Kunden – eine Garantie kann es bei Wein nicht geben – und gleichzeitig natürlich eine riesige unbezahlte Werbung. Alle Medien berichten darüber – auch noch nach Jahr und Tag.“

Jetzt sind wir endlich beim Marketing angekommen. Gago möchte gerne wissen, wie sich der deutsche Markt entwickelt – er selbst ist der Ansicht, dass es auf jedem Markt Wellen und Moden gibt. Wenn die Neue Welt in Deutschland älter geworden ist und junge Weinfreunde sich zur Zeit bei der Generation Riesling zuhause fühlen, beunruhigt ihn das nicht weiter. „Früher oder später werden sie auch unsere Weine für sich entdecken“ meint er „moderner Riesling eignet sich besonders für Einsteiger.“

 

Asien und China sind Heimspiel.

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Die Top-Weine heissen bei Penfolds "Luxury & Icons".

Was ist mit China? Die Australier engagieren sich zur Zeit sehr stark in China. Schaut man in die offiziellen Kampagnen-Pläne, steht China ganz oben. In diesem Frühjahr eröffnete Australien seine Wein-Botschaft in Hongkong. Penfolds Bin 620 wurde in Hongkong vorgestellt. Stimmt die Richtung, was hält Gago davon?

Gago besitzt neben einem riesigen Faktenwissen auch etwas, was vielen Stars in unserer Branche abgeht – Humor. Er kann sich selbst ganz gut auf die Schippe nehmen, wenn es um seiner Doppelrolle als Winemaker und Mr. Penfolds geht. „Also zunächst einmal reise ich gerne nach China – das ist doch klasse: no jetlag for Mr. Gago!”

“Aber im Ernst: wir sind schon immer in ganz Asien vertreten, das ist der Markt vor unserer Haustür. Und nachdem es sich geöffnet hat, jetzt eben auch in China. Die Leute dort essen und trinken gerne – das ist schon mal eine wichtige Voraussetzung. Und sie haben eine eigene Weinkultur und probieren auch gerne etwas aus. Und dann ist China Zukunft: eine wachsende Mittel-Klasse entdeckt dort gerade den Wein für sich.“

Australien für Penfolds immer noch wichtigster Markt.

Gago weist darauf hin, dass der wichtigste Markt für Penfolds nach wie vor Australien ist – Penfolds aber eine Weltmarke sei. „Beispiel Mexico – ich habe noch nie auf meinen Reisen so viele Penfolds-verrückte Menschen erlebt wie in Mexico. Oder Russland – das ampoule project haben wir in Moskau gelauncht. Vielleicht werden wir den nächsten großen Wein in Zürich oder in London vorstellen?!“

Weltweit – ok. Aber kommen wir noch einmal auf Asien und China zurück. Gibt es Weine, die speziell für diese Märkte entwickelt wurden? „Das brauchten wir nicht – unser Stil passt ganz ausgezeichnet zu asiatischem Essen. Besonders die Cabernet-Weine kommen in China gut an. Der 407 oder der 707 sind ein großer Hit. Es ist klar – das sind keine Alltagsweine, aber die Leute mögen auch unseren Koonunga Hill!“

Bling Bling für Russen und Chinesen

Und im Marketing – ist da nicht ein bisschen viel Bling Bling dabei? So richtig für die Chinesen oder die Russen gemacht? Was ist mit der 135.000 Euro Ampulle? „Auch im Marketing mussten wir nicht viel tun: die Chinesen lieben unsere rote Farbe, unsere Bin Zahlen können sie sich viel leichter als manchen Namen merken, Nummern haben zudem noch eine Bedeutung als Glücks-Zahlen und Penfolds selbst hört sich in Chinesisch wie etwas Positives an.“

 

Hongkong und Moskau – Steilvorlage für die Medien.

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Auch seit Jahrzehnten "eine Bank", der im grossen Fass ausgebaute St. Henri

„Das ampoule project – als wir den Bin 620 in Hongkong vorstellten, schrieb die Presse: „Jetzt hofieren sie die Chinesen!“. Hongkong ist eine Metropole wie jede andere und uns ging es darum, auf die besondere Verbindung von Cabernet und asiatischem Essen hinzuweisen. Als wir die ampoule in Moskau vorstellten, schrieben alle, das sei das richtige Objekt um bei den Oligarchen zu punkten. Das ist fast schon reflexhaft. Dann erst kamen die Fragen, warum dort kein Grange und kein Shiraz drin ist und was das Ganze überhaupt soll. Wichtig ist: es hat zunächst einmal funktioniert und die Presse hat ganz sicher nicht zum letzten Mal darüber geschrieben!“

Worum es beim ampoule project wirklich geht.

„Jetzt schaut man sich einmal das „Kleingedruckte“ an und langsam verstehen die Leute, dass es beim ampoule project um eine Zeitreise geht: der Wein stammt von den weltweit ältesten Cabernet-Rebstöcken. Sie stammen aus der Zeit vor der Reblaus im neunzehnten Jahrhundert. Block 42 im Barrossa gehört zu einhundert Prozent Penfolds. Er wird von uns seit jeher gehegt und gepflegt. Der Wein in der Ampulle ist ein 100 Punkte-, eher sogar noch ein 102 oder 105 Punkte-Wein – wenn es das gäbe. Die ampoule ist so etwas wie eine Zeitkapsel mit der wir auf eine Reise von den Penfolds-Anfängen in die Zukunft gehen – deshalb darf sie auch etwas ganz Besonderes sein.“

„Alle Kunstwerke sind verkauft. Geld verdienen wir damit nicht – allein die Verpflichtung, dass wir jedes Mal, sollte eine Ampulle – egal wo auf der Welt – geöffnet werden, eine Feier mit einer speziellen Zeremonie ausrichten… Natürlich wird auch dann wieder darüber geschrieben. Sie werden sehen, das Ding wird eine Legende!“

Hierarchien werden sofort verstanden.

Gago ist davon überzeugt, dass man als Weinproduzent neben den Brot und Butter Weinen auch eine Spitze braucht – so etwas wie den Grange Und ab und an müsse man auch mal etwas ganz Besonderes schaffen, wie die ampoule. Hierarchien, eine Pyramide – das wird seiner Ansicht nach sofort verstanden. Sein Anliegen sei es gewesen, Grange und die ampoule von einander getrennt zu halten – als custodian – Bewahrer des Grange, der er in der Nachfolge von Max Schubert und den anderen sei, habe er darauf bestanden.

Winemaker auf Abwegen?

Nach dem Mittagessen ist jetzt drei mal Grange im Glas: 1990, 1997 und 2007.

Vorm Probieren noch eine Frage Wenn er doch in erster Linie Winemaker ist, wie konnte er dann in diesem Jahr mitten in der Erntezeit zur Prowein kommen und in Düsseldorf den Winemakers-Winemaker-Preis der Master of Wine entgegen nehmen? „Oh – das hätte ich eigentlich nicht tun dürfen. Kein Winemaker kann ungestraft während der Ernte seinen Weinberg im Stich lassen – ich muss noch heute dafür büßen!“ Wir lachen zusammen – da ist er wieder der Gago eigene Humor.

15. Oktober 2012. Wir bedanken uns bei Michael W. Pleitgen, der das Interview für seinen Blog der Beriner Weinakademie gemacht hat und es uns zur Verfügung gestellt hat. Lesen Sie mehr bei ihm:
www.weinakademie-berlin.de/

Und dass Peter Gago Humor hat, kann man hier sehen:

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