Wine-Times - das unabhängige Online-Weinmagazin
Helmut KNALL03.01.2009

Von Nord bis Süd: Zurück zu den Wurzeln.

Italien denkt - und lenkt - nach...

Ein erfreulicher Trend zeichnet sich ab. Die Weinliebhaber wollen wieder „echte“ Weine. Nach Jahren der Internationalisierung mit Chardonnay und Cabernet geht die Nachfrage nach den marmeladigen und überreifen Weinen deutlich zurück.

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Nerello Mascalese in Sizilien.

Eleganz und Trinkspass ist gefragt. Ganz deutlich kann man das im Moment in Italien feststellen. In allen Regionen werden autochthone Rebsorten forciert.

Zwei Beispiele zeigen wir diesmal.
Helmut O. Knall war in Südtirol und Sizilien.

 

Berg und Pergl.

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Weinberge rund um Bozen.

Vielfältig ist die Weinkultur Südtirols, wie die Region an sich. Umgeben von Dreitausendern öffnet sich das Tal Richtung Süden mit steilen Weinterrassen und Apfelplantagen, zauberhaften Bergdörfern und Seen.

Bis zu 800m Seehöhe klettern frisch gekämmte grüne Rebzeilen mit einer bunten Palette an Rebsorten, aus denen vom prickelnden Schaumwein über knackige Weissweine bis zu gehaltvollen Rotweinen ein verblüffender Varianten-Reichtum gekeltert wird.

Insgesamt knapp 5.100 Hektar Wein wächst in dem Ypsilon, das von den Flüssen Eisack und Etsch gebildet wird. Von Brixen der Eisack entlang stehen auf Steinterrassen hauptsächlich weisse Rebsorten, wie Silvaner, Weiss- und Grauburgunder, Müller-Thurgau, Kerner und auch ein wenig Riesling und Veltliner. Von Meran der Etsch entlang gedeihen auch viele rote Traubensorten, die oft in der hier typischen Pergola-Erziehung – im Dialekt: „Pergl“ kultiviert werden. Vernatsch, Lagrein und Pinot Nero werden hier gekeltert, aber auch Merlot und Cabernet Sauvignon.

Kurz vor Bozen gibt es oberhalb des Dorfes Terlan eine geologische Besonderheit: vulkanische Porphyr-Böden. Auf diesem purpurroten Gestein mit Quarzkristallen wachsen Weissburgunder, Sauvignon und Traminer, die in der gleichnamigen Kellerei zu unglaublich mineralischen, eleganten und langlebigen Weinen gekeltert werden.

Rund um Bozen, dem grünen Zentrum (mit leider auch ziemlich häßlicher Industrie entlang der Autobahn) wächst eine besonders fruchtige Version des Vernatsch, der St. Magdalener, benannt nach der kleinen gotischen Kirche oberhalb von Bozen. Südlich von Bozen, nach dem Zusammenfluss von Eisack und Etsch liegen einige der besten Lagen Südtirols an den steilen Hängen von Girlan, Eppan, Branzoll, Kurtatsch und Margreid. Und natürlich in Tramin.

Traminer Symposion.

Hier wurde im Juli 2007 nun schon zum 6. Mal das Traminer-Symposion abgehalten. Eine tolle Veranstaltung mit internationalen Vortragenden und Vergleichsverkostungen von Traminern aus der ganzen Welt, von Neuseeland bis Oregon, vom Elsass bis Österreich und Deutschland bis Südtirol. Besonders beeindruckend war die Rückbesinnung der Südtiroler Winzer – auch der großen Genossenschaften – zu „Ihrer“ Sorte. www.tramin.com

Es ist zwar nicht hundertprozentig gesichert, dass diese uralte Sorte auch tatsächlich von hier stammt, der Name kommt aber sicher von hier. Ganz sicher ist auch, dass es eine der ältesten Ursprungs-Rebsorten ist und aus ihr einige der berühmtesten Varietäten entstanden sind. So werden Pinot Noir, Sauvignon Blanc, Grüner Veltliner und Silvaner als Abstämmlinge geführt, aber auch Riesling und Cabernet Sauvignon sind mit dem Traminer verwandt. Lesen Sie dazu unseren Bericht vom Symposion.

Man darf hoffen, dass sich diese Rückbesinnung auf einheimische Sorten so positiv fortsetzt und vielleicht gibt es ja demnächst ein Lagrein-Symposion.

Besonders empfehlenswerte Betriebe in Südtirol:

Eisacktal: Strasserhof, Kuenhof, Pacherhof, Stiftskellerei Neustift, Köfererhof, Taschlerhof, Garlider, Radoar.

Etschtal: Stachlburg, Falkenstein, Ansitz Kränzel, Kellerei Terlan, Kornell.

Bozen-Umgebung: Niedrist, Loacker-Schwarhof, Nusserhof, Unterganznerhof, Castel Juval.

Unteretsch: Tiefenbrunner, Hofstaetter, Franz Haas, Elena Walch, Kellerei Tramin, Kellerei Kurtatsch, Peter Dipoli, Kellerei St. Michael-Eppan, Kellerei Schreckbichl, Klosterhof, Alois Lageder und Armin Kobler.

 

Wein vom Vulkan.

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Weingarten unterhalb des Aetna.

Sizilien ist das Land der Marmeladen-Weine. Falsch. Dieses Vorurteil haben sich die Sizilianer allerdings selbst eingebrockt. Denn jahrelang hat man hierzulande ja wirklich nur dicke überreife Rotweine bekommen. Denn man duellierte sich um die Supermarkt-Regale mit ebensolchen Weinen aus der neuen Welt.

Eine Verkostung des Münchner Weinmagazins „divino“ zeichnete allerdings ein ganz anderes Bild, was Helmut O. Knall dazu veranlasste nach Sizilien zu reisen.

Sizilien ist vielfältiger als man denkt.

Ungefähr halb so groß wie die Schweiz ist Sizilien, erzeugt aber mehr als 700 Millionen Liter Wein. Denn über Jahrzehnte wurde der Wein fast nur als Fasswein an andere Erzeugerländer zum Verschnitt geliefert. Dabei gibt und gab es immer eigenständige Weine und Rebsorten. Aber außer Marsala, der zum Kochwein mutierte, wurde kaum etwas in Flaschen exportiert.

Erst in den 1990ern kam der Boom des Nero d’Avola. Dichte dunkle Rotweine meist überreif und mit viel Tannin wurden den Australiern und anderen „New World“-Weinen entgegengestellt. „Flying Winemakers“ berieten die Sizilianer, es entstanden immer mehr Cuvées mit Cabernet, Merlot & Co. Die Exporte kletterten in ungeahnte Höhen. Allerdings nur ganz selten auch zu vernünftigen Preisen.

In dieser Zeit gaben viele kleine Winzer auf. Sie rodeten ihre Weingärten und verkauften die Pflanzrechte – in Italien darf man nur neue Weingärten anlegen, wenn man sich ein Pflanzrecht eines anderen Winzers kauft – an die großen Wein-Produzenten, die damals speziell in der Maremma neu auspflanzten.

Die eigenständigen autochthonen Sorten starben fast aus. Doch der Boom ließ nach. Immer mehr prominente sizilianische Winzer überlegten, was sie dem entgegenhalten könnten und kamen zu ihren Wurzeln zurück. Selbst in Marsala arbeitet man an einer Qualitätssteigerung.

Die ersten Erfolge von Winzern wie Donnafugata, Planeta, Tasca d’Almerita oder Cos mit Weinen, die wieder sizilianisch sind, beflügeln eine neue Generation. Statt australischer Berater holt man sich jetzt welche aus dem Piemont und aus Friaul, nimmt den Tannin-Anteil zurück und setzt auf Eleganz und feine Frucht. Ganz speziell am Ätna.

Vulkanischer Boden – alte Reben.

Hier gibt es noch einige wenige Weingärten in Terrassenlagen mit bis zu hundert Jahre alten Reben. Knorrige alte Stöcke in der typischen „Albarello“-Erziehung – kleine Bäumchen, die wenig Ertrag aber unglaublich mineralische Weine erbringen.

„Der Reblaus hat es hier nicht gefallen“ lächelt Marco de Grazia vom Weingut „Delle Terre Nere“, was ganz einfach mit „Weingut zur schwarzen Erde“ übersetzt werden kann. Auf Seehöhen von 650 bis 900 Meter wird Nerello Mascalese, Nerello Cappuccio, Caricante, Catarratto oder Insolia kultiviert. 8.000 Stöcke stehen auf einem Hektar, wovon gerade einmal 4.000 Liter Wein erzeugt werden kann.

Während Mitte August im Norden und Süden bereits der Nero d’Avola geerntet wurde, begannen hier am Ätna die Nerello-Trauben erst zu färben.

Frank Cornelissen, ein Belgier, der sich hier ein Weingut aufgebaut hat, in dem er Weine auf natürlichste Art und Weise wachsen lässt und in Amphoren ausbaut, erwartet den Lesebeginn Mitte Oktober. Zwei Monate Unterschied auf vielleicht 50 km Luftlinie. Das allein gibt zu denken.

Natürlich ist es an den Hängen des Ätna, der ja bis spät im Frühjahr schneebedeckt ist, kühler als in den Flachlagen im Süden, der Unterschied ist trotzdem gewaltig. Auch im Wein. Ein „Etna rosso“ ist immer etwas heller und durchscheinder, filigraner, feingliedriger. Mit viel Frucht, Eleganz und Finesse.

Man könnte diese Weine vielleicht zwischen einem Pinot Noir und einem Barolo ansiedeln. Auf jeden Fall sehr eigenständige Weine, die sicher – da muss man kein Prophet sein – den nächsten Boom auslösen werden. Denn schon jetzt steigen die Hektarpreise laufend, weil sich alle bekannten Produzenten hier Weingärten suchen. Geradezu absurd, wenn man bedenkt, dass noch vor einigen Jahren gerodet wurde, weil man diese Weine nicht verkaufen konnte.

Zurück zu den Wurzeln also auch im Süden, nicht nur am Ätna. Man darf sich auf spannende Weine aus Vittoria, Noto, Pochino, Menfi, Marsala oder rund um Palermo freuen.

Besonders empfehlenswerte Betriebe:

Settesoli, Trapani, Planeta, Tasca d’Almerita, Fattoria Cos, Duca di Salaparuta, Donnafugata, Firriato, Cusumano, Barone La Laumia, Gulfi - Vito Catania, Palari, Spadafora und Zenner.

Rund um den Ätna: Benanti, Cornelissen, Passopisciaro, Barone di Villagrande, Ciro Biondi, Tenuta delle Terre Nere, Graci, Cottanera.

[www.vini-sicilia.it (broken link)]

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News

 
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