Wine-Times - das unabhängige Online-Weinmagazin
Helmut KNALL18.07.2007

Die durchgegangene Tastatur.

Manchmal überkommt es einen, und was anderes kommt raus

Da sitze ich letztens nächtens und tippe einen Beitrag für ein Weinforum. Thema: Sinnhaftigkeit einiger EU-Förderungen. Der Vollmond ist nahe, mein Geist wach und meine Tastatur willig und dabei kam dann das heraus:

Wine-Times

Schau dir doch nur einmal an, auf welch guten Weissweingründen jetzt blödsinnig Rotwein angebaut wird, nur weil es dafür Förderungen gibt. (Ich glaube wir hatten das schon einmal).

Da wird jetzt bei euch in Deutschland Dornfelder statt Riesling angebaut und bei uns (Gottseidank nicht mehr Blauburger) Zweigelt oder vielleicht sogar Syrah, nur weil irgendein Beamter meint, es werde jetzt mehr Rotwein getrunken als früher.

Kein Mensch denkt nach warum. Kein Mensch fragt wann denn diese Untersuchung gemacht wurde. Bin ich wirklich der einzige, den das interessiert hat? Und der dann draufkam, dass diese Untersuchung im Oktober und November gemacht wurde?

Sorry, aber das hätte ich auch voraussagen können, denn immer in den Wintermonaten geht halt mehr Rotwein, genauso wie im Sommer mehr Weisser.

Aber jetzt gibt es halt dann in ein paar Jahren die Rotwein-Schwemme. Nicht nur mit den Spaniern etc. sondern auch mit den wunderbaren Müller-Thurgaus des Rotweines und sonstigem Schrott.

In fünf bis zehn Jahren gibt es dann die Förderung, Rotwein auszureissen und durch Weisswein zu ersetzen. Bis dahin sind dann die neuen Züchtungen resistent gegen das Ozonloch oder gegen die neue Art der "Reblaus", die im Moment ja halb Kalifornien vernichtet und in leicht veränderter Form auch schon auf anderen Kontinenten auftritt.

Was der Konsument dann trinken will, wird ihm durch die verbliebenen Konzerne - deren Hauptgeschäft Bier oder lustige Handtaschen und Köfferchen sind - schon erklärt werden. Auf den Etiketten prangen dann nicht mehr irgendwelche Sorten, Lagen oder Regionen, sondern Fosters White oder Ysl-Red. Klingt ja auch besser als Trittenheimer Apotheke oder Dürnsteiner Flohhaxn. Mondavi hat inzwischen mit Gallo fusioniert und Oetker kaufte das vernichtete Chile. Antinori gehört längst einer japanischen Kosmetikkette und überlegt gerade die Aktienmehrheit der australischen Riesen zu übernehmen. In Bordeaux haben sowieso nur mehr Banken die Herrschaft über die, inzwischen zu Seminarhotels umgebauten ehemaligen Chateaux, in denen ein Comte Neppberg glücklich erzählen darf, wie er mit dem letzten Rothschild noch diskutiert hat, ob man einen 2000er mit oder ohne Krawatte trinken darf.

Herr Riedel besitzt inzwischen alle Blashütten der Welt, vergass dabei aber auf das Wörtchen "Glas" am Anfang und seitdem kann man auch im letzten Bordell aus kunstvoll geformten Kristallkelchen mit den Mädels anstossen.

Am schönsten aber wird sein, dass irgendein junger Beamter uralte Riedenkarten ausgräbt und meint, vielleicht sollte man eine Lagenklassifizierung nach der Flurbereinigungsförderung des Jahres 1762 einführen. Das endet in irgendeinem Ausschuss, der inzwischen alle Länder der Welt umfassenden Union der Wein-fördernden Staaten und wird zum Anlass genommen eine Förderquote in diesen Lagen zu sponsern.

Dann gibt es einen grossen Knall und in der Wachau wird statt Cabernet wieder Neuburger, Riesling und Veltliner angebaut, in den besten deutschen Lagen werden, ob der hohen Förderungsgelder wieder ein paar Wahnsinnige die Hölle, die Apotheke oder Uhlen mit Wein bestocken, die grossen Weinfabriken werden Tausende Arbeitslose entlassen, die nach und nach mit 1-3 Hektar Grund wieder anfangen schöne, feine und ganz typische Weine zu produzieren, ganz ohne Chips, ohne flüssige chemische Essenzen und das wird plötzlich irgendwelchen Leuten wie Robert jr. dem Zwanzigsten oder Mario dem Siebzehnten auffallen.

Die werden das hinausposaunen in die Welt auf ihren Ultraleicht-Implantaten, die seinerzeit Handies und Computer ersetzten und mit einem Mal wird es wieder gute, echte Weine geben. Aus den Feinkostläden-Nationen dieser Welt.

Und sie werden sich fragen, wenn das so gut schmeckt, könnte man nicht auch Speisen machen, die dazu passen. Und es wird einige geben, die des lesens noch mächtig sind und aus grauer Urzeit Kochbücher als Dekoration herumstehen haben.

Es wird irgendeinen jungen Beamten geben, der Förderungen ausschreibt, für das beste Essen aus natürlich gewachsenen Pflanzen. Aus wild gefangenen Fischen und aus heimlich gekillten Tieren.

Geschmack wird gefördert. Irgendwann kommt einer drauf. Erlebe ich es nicht mehr, dann halt vielleicht Knalli der Achtzehnte. Aber ich bin sicher, irgendwann siegt die
Qualität.

Was soll man denn sonst mit seinem Geld anfangen?

Lieben Gruß, Knalli
Der Weinspitz.

PS: Diesen Beitrag schrieb ich im Jahr 2002. Weil es jetzt, eigentlich wieder passt, habe ich ihn aus den Tiefen des Archivs wieder heraufgeholt...

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